Spiegelblank durch maßgeschneiderte Visualisierung
Nach dem Walzen und der anschließenden Wärmebehandlung müssen Edelstahlbänder und -bleche gesäubert werden, bevor sie auf Coils aufgewickelt werden. Eine Säurebehandlung entfernt die Unreinheiten. Zahlreiche Parameter, wie Säuredosierung und Bandsteuerung, müssen permanent überwacht werden – eine Aufgabe für eine zuverlässige Visualisierungssoftware. Diese hilft, die Produktivität der Anlage zu optimieren und damit Chemikalien und Kosten zu sparen.
Mehr als 1.500 Millionen Tonnen Stahl werden jährlich weltweit hergestellt, um die Bedürfnisse der Industrie zu decken. Industriebetriebe arbeiten jedoch nicht mit den bei der Stahlerzeugung entstehenden Brammen, sondern mit Stahlblechen und -bändern. Dazu müssen die Brammen durch Walzen auf die jeweils gewünschte Dicke und Breite gebracht werden.
Bei der Lagerung des Stahls entstehen Ablagerungen durch die Oxidation des Stahls. Auch beim Warmwalzen entstehen durch die Wärme und den auf den Stahl wirkenden Druck Ablagerungen an der Oberfläche, die einen dünnen Film bilden. Diese Unreinheiten bestehen aus Metalloxiden und werden vor dem Weiterverarbeiten oder dem Aufrollen der Stahlbänder auf tonnenschwere Rollen, sogenannte Coils, entfernt.
Eine Möglichkeit besteht darin, diese Ablagerungen durch Säure wegzuätzen – diesen Vorgang bezeichnet man als Beizen. Zum Beizen können die Stahlbänder oder -bleche durch ein Säurebad gefahren werden. Eine weitere Möglichkeit für diesen Beizvorgang ist das Aufsprühen der Säure. Bei kontinuierlich arbeitenden Bandanlagen werden Durchlaufgeschwindigkeiten von bis zu 180 m/min erreicht. Generell besteht die Herausforderung darin, die Säure in der benötigten Menge und Konzentration dem Prozess zuzuführen, um sowohl eine gleichbleibende Produktqualität, als auch einen möglichst geringen Energie- und Rohstoffverbrauch zu erreichen.
Bei der neuesten Generation der Beizanlagen, basierend auf Automatisierungskomponenten von Siemens, werden alle prozessrelevanten Daten des Stahls zum einen messtechnisch erfasst und zum anderen zusätzlich Daten aus einer Produktdatenbank ausgelesen. Eine eigens für die jeweiligen Behandlungsschritte entwickelte Software berechnet aus diesen Daten die optimalen Prozessparameter, insbesondere die benötigten Dosiermengen der einzelnen Säuren und sonstigen Chemikalien. Dadurch bleiben die Bedingungen im Beizprozess immer konstant, wodurch eine gleichbleibend hohe Produktqualität sichergestellt wird. Durch die genaue Bestimmung und Dosierung der Chemikalien wird zudem ein Überbeizen verhindert und der Chemikalienverbrauch um durchschnittlich 20 Prozent gesenkt. Diese Einsparungen haben für den Betreiber der Anlage erhebliche Auswirkungen auf die gesamten Produktionskosten durch verringerte Transport-, Lagerungs-, Entsorgungs- und Wiederaufbereitungskosten. Die Visualisierungssoftware zeigt von Statusübersichten der Gesamtanlage, allen Antrieben und allen Eingabewerten, bis hin zu zahlreichen Detailbildern, jederzeit alle relevanten Werte der Beize. Viele Anlagenelemente erlauben bei ausreichender Authentifizierung des Bedieners die Eingabe von Werten zur Anpassung des Prozesses bis hin zur manuellen Bedienung.
Für die weltweit einheitliche Visualisierung projektiert der Integrator die Anlagenbilder jeweils mit einem immer gleichen Kopf- und Fußbereich. Die angezeigten Texte werden über ein Skript aus einer Tabelle ausgelesen, die Sprachumschaltung wird über den Tausch der Tabelle einfach und schnell realisiert.
Ebenfalls standardisiert sind Bildbausteine, Symbole und Farben für die Darstellung analoger und digitaler Werte von Pumpen, Ventilen und anderen Geräten. Speziell für die Anlagen von CMI UVK pflegt focus eine eigene Objektbibliothek. Dies verkürzt auf der einen Seite die Projektierung neuer Beizen und ist andererseits Teil der Bedienphilosophie.
Neben der Anlagenvisualisierung übernimmt das Scada-System zusätzliche Aufgaben für die Wartung und Instandhaltung. Die Betriebsdauer ausgewählter Komponenten wird von der Software aufgezeichnet und mit dem jeweils hinterlegten Wartungsintervall abgeglichen. So hat der Betreiber einer Anlage die Möglichkeit, durch vorbeugende Wartung ungeplante Stillstandszeiten zu minimieren und die Produktivität der Anlage zu optimieren. Umfangreiche Funktionen zur Reporterzeugung und Trendberechnung runden die Visualisierung der Beizanlage ab.
Die Funktionen für Auswertungen und Wartung helfen, die Produktion zu optimieren und ungeplante Stillstandszeiten zu vermeiden. Bediener und Servicepersonal benötigen dank der standardisierten Bedieneroberfläche weniger Einarbeitungszeit.
Als Leitsystem setzt focus auf Simatic WinCC, die Scada- und Visualisierungssoftware von Siemens.
Je nach Konfiguration und Vernetzung werden bei den Beizen bis zu 30.000 Datenpunkte erfasst und durch die Software ausgewertet und dargestellt.
Per TCP/IP- oder Profibus-Verbindung werden um die 100 Werte pro Sekunde an Steuerungen weiterer Anlagenteile gesendet und von ihnen empfangen.
Die weltweit einheitliche Visualisierung wird über die Funktion Basic Process Control (BPC) zum schnellen Projektieren von Bildaufbau und -navigation realisiert.
Die Einbindung von Funktionen über C- und VBS-Skripte in die Visualisierungssoftware, beispielsweise für komplizierte Berechnungen und Auswertungen, erweitert den Funktionsumfang beträchtlich.
Das komplette Projekt inkl. Automatisierungstechnik und Leitsystem wird vor der Auslieferung mit der Simulationssoftware WinMOD aus dem Hause Mewes und Partner geprüft.
Ergebnis ist eine innovative und gründliche Beize mit niedrigem Säureverbrauch und hohem Durchsatzvermögen.
Die entwickelten Standards sorgen für höhere Planungssicherheit bei neuen Anlagen und schnellere Inbetriebnahmen.